In meinem Alltag sehe ich leider immer wieder, dass Leute unfair mit ihren Hunden agieren. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich daher ein paar Fragen zu gewissen „Ausbildungsmethoden“ aufwerfen.
Ich halte Hunde, weil ich einen tiefen Bezug zum Canis Familliaris habe. Ich liebe ihre Authentizität, ihre aufgeschlossene, interessierte und liebevolle Seite. Ihre gut gelaunte Art, ihr anschmiegsames Wesen. Die unterschiedlichen Charaktere, die sich mir in meinem Job präsentieren, inspirieren mich täglich. Und, ich liebe es, wenn ich dabei helfen kann, dass sich Mensch und Hund verstehen lernen. Das ist meine Profession, meine Leidenschaft, mein Leben.
Ich lebe meinen Job. Ich arbeite nicht des Geldes wegen mit Hundeteams … ansonsten hätte ich Wirtschaft studiert und nicht Biologie. In meinem Job gibt es aber „Trainer“, die vornehmlich an ihrem Einkommen, an ihrem eigenen Status und ihrem Ego arbeiten, als mit dem Mensch-Hund-Team, welches sich direkt vor ihnen befindet.
In die Falle getappt
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die wirklich mit ihrem Vierbeiner interagieren möchten, ein sehr gutes Gefühl für Richtig und Falsch haben; Ein Gespühr für einen fairen und unfairen Umgang. Aber auch diese Menschen tappen teilweise in die Falle von „Dominanztechniken“, welche ihnen von Ego-Trainern vermittelt werden. Und so kommt es in meiner Praxis immer wieder vor, dass diese Menschen – sobald sie einen fairen Weg erfahren – in Tränen ausbrechen und sich selbst schämen, ihrem Tieren Gewalt angetan zu haben. Oder sie hinterfragen sich, weshalb sie nicht interventiert haben, als ihr Schützling von Trainern „in den Boden gestampft wurde“.
Letztens habe ich ein Eintrittsgespräch mit einer Neukundin geführt. Ihr sieben Monate alter Retriever wurde von einem „angesehenen Trainer“ so stark gewürgt, dass er ein Strangulationstrauma erlitt. Hätte die Halterin in der darauf folgenden Nacht keinen Tierarzt aufgesucht, wäre der junge Hund gestorben! Der Grund für die Gewalttat des „Trainers“: Der Hund wollte nicht sitzen…
Eine andere Halterin kam zu mir, weil ihr Hund auf dem Spaziergang von einem anderen Hund überfallen und gebissen wurde. Seither rastet der kleine Kooiker völlig aus, wenn er andere Hunde erblickt. Ihr wurde an anderer Stelle gesagt, dass man dieses Verhalten mit Wehemenz unterbinden müsse. Der Trainer nahm ihr dazu den Hund aus der Hand und „stampfte ihn in den Boden“. Die Halterin erkannte, dass dies nicht der richtige Weg für ihren sensiblen Hund sein konnte. Bei mir, war die Sache nach einer Lektion gegessen… Als die Halterin erkannte, dass es reine Panik war, die ihren Hund überkam und wir ihr Handling dementsprechend anpassten, war alles wieder ok!
Auf dem Spaziergang habe ich in letzter Zeit einige Hundehalter erblickt, die ihrem Hund mit der Leine über den Kopf schlagen, wenn dieser nicht hinter ihnen läuft. Andere werfen dem Hund ohne Vorwarnung einen Schlauch vor die Füsse, wenn er sie leicht überholt. Dann wird an der Leine geruckt – oder besser gesagt gerissen, und dies in alle möglichen Richtungen. Es werden Handstösse gegen die Flanke ausgeführt – so wie im Fernsehen gezeigt. Ist das Fairness?
Wenn der Hund in der Hundeschule Gras frisst oder am Boden schnüffelt wird mit der Leine geschmissen. Schliesslich soll er ja gehorchen! Dass der Hund Gras frisst, um seinen Halter zu besänftigen, wird nicht erkannt. Viele Hunde neigen auch dazu ihre Menschen anzusprigen, zu bellen oder wegzulaufen, wenn unklar agiert wird. Ein Gefuchtel mit den Armen, ein gezerre an der Leine und das nachfolgende Zurechtschieben ist für die meisten Hunde einfach zu viel Unklarheit!
Fairness und Konsequenz
Ganz aktuell ist es ja „in“, dass sich der Hund wie ein kleiner Roboter benimmt. Er soll ohne Worte an seinem Menschen kleben, ohne nach links oder rechts zu schauen. Er soll vor Geschäften warten, bis der Mensch wieder raus kommt. Er soll in Hundegruppen spazieren geführt werden können, ohne sich um seine Artgenossen zu scheren. Entspricht dies einem eigenständigen, freien Lebewesen? Soll das charakteristisch für eine „gute“ Hundehaltung sein? Ist ein solches Verhalten artgerecht und normal? …wohl eher nicht! Solche Hunde werden solange „zurecht gebogen“ bis sie jegliche Hoffnung auf eine eigenständige Aktion aufgeben! Sie werden psychisch so lange unterdrückt, bis sie resignieren… An dieser Stelle sollte man sich noch einmal fragen, weshalb man eigentlich einen Hund haben wollte …. !
Mit einer fairen und konsequenten Haltung kann man alles erreichen! In einigen wenigen Fällen muss man sicherlich mit Handlungsunterbrechungen arbeiten, diese sind aber IMMER Einzelfallabhängig. Und auch hier kommt die Fairness zum Zuge! Und was zwingend dazu gehört ist die klare Vermittlung von Handlungsalternativen.
Selbstregulierung und Verständnis
Ich möchte einen Hund, der sich mir freiwillig anschliesst. Ich will meine Hunde soweit unterstüzen, dass sie sich selber regulieren und eigenständig korrekte Entscheidungen treffen. Ich möchte die Befindlichkeiten meiner Hunde erkennen und entsprechend handeln. Ich löse Problemverhalten und unterbinde keine Symptomatiken. Gefühle sind deshalb ein wichtiger Bestandteil einer Verhaltensmodifikation! Wer sie nicht berücksichtigt und nur Symptombehandlung betreibt, wird niemals eine sichere und stabile Beziehung zu seinem Hund aufbauen können. Dies bedingt aber, dass man investiert und an sich arbeitet. Es bedingt Geduld und Einfühlungsvermögen. Und diese Art der Hundeausbildung und Hundereziehung ist nicht Rasseabhängig! Fair, Konsequent und Einfühlsam kann man auch mit Deutschen Schäfern, Malis & Co sein … !
Bildlegende: Klarheit und Fairness als Grundstein für eine vertrauensvolle Beziehung.